Das Wort "Reboot" war eine ganze Zeit lang in aller Munde. Das galt nicht nur für diverse Film- und Comicbuch-Reihen, auch für Videospiele ist der Story-Resetknopf sehr beliebt geworden. Man behält das Franchise und die Charaktere bei, fängt die Handlung aber wieder von neuem oder aus einem anderen Blickwinkel an, sodass neue Spieler ohne Vorwissen direkt in das virtuelle Universum einsteigen können. Getroffen hat es unter Capcom Devil May Cry, welches seither als einer der wichtigsten und wegweisendsten Videospiele im Hack and Slash-Genre gilt. Unter Entwickler Ninja Theory will man die Geschichte um den Teufelsjäger neu erzählen, aber unter einer "westlichen Perspektive", die durchaus mit Fans der alten Spiele zusammenstieß. Dante ist jünger geworden, tauscht seinen weißen Anime-Haarschnitt durch einen schwarzen Kurzhaar-Look aus und ändert seine übercoole Attitüde zu einer desinteressierten Disposition. Kann das neue DMC trotzdem begeistern und sich mit seinen alteingesessenen Fans versöhnen oder ist das Reboot das Ende der Devil May Cry-Ära, wie wir sie kennen?
Um einmal die gröbsten und wichtigsten Informationen aus dem Weg zu räumen, die Fans von dem neuen Devil May Cry wissen müssen: DMC ist nicht mehr Devil May Cry. Wer den gleichen Dante haben will, wem es sauer aufstößt, dass Ninja Theory das Hardcore-Hack and Slash-Prinzip einfacher und für Einsteiger leichter gestaltet hat und wer sich mit der Modernisierung des serientypischen Dark Fantasy/Gothic-Stils nicht anfreunden kann, muss sich an dieser Stelle von Devil May Cry verabschieden. Ninja Theory spricht hier von einer "alternativen Realität" zur Ursprungsserie und gewissermaßen ist das auch die beste Umschreibung. Wurzeln und Parallelen zu Devil May Cry sind noch vorhanden, des weiteren wurde aber sonst der Kern stark verändert. Für Serienanhänger mag das kritisch sein, für Neueinsteiger eine ideale Möglichkeit zuzugreifen. Worum geht es denn aber nun? Protagonist ist weiterhin Frontmann Dante, der hier deutlich magerer, jüngerer und durchaus gleichgültiger rüberkommt als noch in den Spielen zuvor. Als Kind eines Dämons und eines Engels lebt er in einer Welt, in der die Menschen bereits heimlich von dem Dämonen Mundus beherrscht werden. Dieser kontrolliert die Presse und die Werbeindustrie, um die Menschen dumm und träge zu halten. Einzig und allein "The Order" stellt sich gegen seine Herrschaft, eine Untergrundorganisation, die Dante in ihre Reihen rekrutieren will. Dieser scheint jedoch wenig Interesse daran zu haben sich auf irgendeine Seite zu schlagen, bis allerdings der Anführer der Gegenbewegung Vergil Dante seine Vergangenheit und Verbindung zu Mundus offenbart. An und für sich ist die erzählte Handlung nicht besonders originell, stellenweise sogar stark vorhersehbar, bietet aber einen soliden Rahmen, um Dante und dem Spieler genug Motivation zu geben unzählige Dämonen zu verdreschen.
Dämonentöten leicht gemacht!
Das Kampfsystem ist im Grunde seinen Vorgängern sehr ähnlich, wenn auch deutlich einsteigerfreundlicher. Dabei greift Dante auf altbekannte, aber auch völlig neue Methoden zurück, um sich seinen Feinden anzunehmen. Dabei versucht der Spieler wieder so lange wie möglich auf die Gegner einzuprügeln ohne einen Gegentreffer zu kassieren, damit sein Kampfrang und auch seine Punktzahl steigt. Wieder dabei ist sein Schwert "Rebellion", mit dem sich gewöhnliche Standardangriffe ausführen lassen, wobei man die Klinge auch dazu nutzen kann um Gegner in die Luft zu heben. In der Luft lassen sie sich nämlich weiter bearbeiten. "Ebony & Ivory", die zwei Pistolen des Teufelsjägers, erzeugen zwar einen anhaltenden Kugelhagel, richten aber nur wenig Schaden an, können aber Gegner in ihren Angriffen unterbrechen. Dem Arsenal schließen sich weitere Teufels- und Engelswaffen an, die sich mit den Schultertasten jederzeit aktivieren lassen. Recht zu Anfang erhält Dante so eine teuflische Axt, die zwar deutlich langsamer als sein Schwert ist, mit explosiven Hieben die Dämonen zum Taumeln bringt. Die himmlische Sense ist wiederum mit einer ordentlichen Reichweite ausgestattet, um auch mehrere Gegner beschäftigen zu können. Das Spiel über schaltet man weitere Waffen frei, wobei sich mit dem Steuerkreuz durch die Auswahl schalten lässt. Im Vergleich zu früher sind Angriffe von Gegnern aber vorhersehbarer und deren Verhalten durchschaubarer geworden, wodurch die Kämpfe insgesamt etwas einfacher werden. Zudem fühlt sich Dantes wachsendes Repertoire an Angriffen und Waffen wesentlich mächtiger an, während nur noch wenige der freischaltbaren Moves enormes und sekundengenaues Timing erfordern. Freunde der höchst anspruchsvollen Fingerakrobatik verlieren hier also schon deutlich an Grund und Boden, wobei man trotzdem keineswegs von einem seichten Kampfsystem sprechen kann. Obwohl Devil May Cry nicht mehr so bockschwer ist wie Devil May Cry 3 zu seiner Zeit, bietet es immer noch eine gute Mischung aus Anspruch und. Action. Die dazugehörige Lernkurve ist für Neueinsteiger zwar noch steil, aber zumutbar. Grund für den nicht ganz einfachen Einstieg ist vor allem die überbelegte Controller-Steuerung. Während auf den Face Buttons die Standardaktionen wie Schwert, Pistole, Sprung und Luftangriff liegen, ändern die beiden Schultertasten diese zu den dämonischen und himmlischen Fähigkeiten des Dämonenkillers. Das gilt für die gewählte Waffenart in dieser Kategorie, aber auch für die neuen Fähigkeiten wie Angel Lift oder Devil Pull, welche dazu genutzt werden, um bei den holprigen Plattforming-Abschnitten Untergründe zu sich zu bewegen oder sich auf Anhöhen zu ziehen. Das klingt zunächst nach nicht viel, aber wer in einer Sprungserie von dem Angel Lift zum Devil Pull und zurück zu einem Angel Boost wechseln muss, um nicht in den Abgrund zu fallen, der kann Anfangs schon einmal durcheinander kommen wo auf dem Controller noch einmal welche Aktion liegt. Das gilt auch für die Kämpfe, bei denen der Devil Pull Gegner zu Dante zieht und der Angel Lift das Gegenteil bewirkt, Dante nämlich direkt zu den Feinden zu bringen. Dies ist übrigens besonders nützlich und ergänzt sich hervorragend mit dem eigentlichen Kampfsystem. So sind auch Luft-Kombos ein ganzes Stück einfacher, da man sich von einem fliegenden Gegner zum anderen ziehen kann. Mit etwas Einarbeitung geht die Steuerung aber schließlich von der Hand, wodurch hohe Kampfränge nach etwas Übung durchaus erreichbar sind - Geschenkt werden sie einem aber trotz Vereinfachung nicht. Den übersichtlicheren Kämpfen schadet leidet nur die Kameraführung, welche zwar die meiste Zeit anzeigt, was man auch sehen will, aber eben nicht immer. Zudem gibt es auch keine Möglichkeit bestimmte Ziele anzuwählen, Dante wendet sich stattdessen einfach dem nächsten Gegner zu. Das macht es besonders schwer bestimmte Ziele mit einem Devil Pull oder Angel Lift zu treffen.Ausflug in den Limbo
Aber nicht nur dem Kampfsystem ist eine Anpassung wiederfahren, auch der Gothic/Dark Fantasy-Stil musste weichen. DMC präsentiert sich nun in einer moderneren Optik aus kräftigeren Farben und stilistisch abwechslungsreicheren Umgebungen. Dabei hängt viel davon mit dem sogenannten "Limbo" zusammen, in den Dante eintritt, wenn er Dämonen bekämpfen muss. Dadurch wird die reale Welt in eine absurde Spiegelversion verwandelt, die den Machern viel Freiraum lässt, um mit unterschiedlichen Stilen zu experimentieren. So begleitet man Dante von einer verdrehten U-Bahnstation, bei der die Züge an der Decke fahren, zu neongrellen Tanzklubabschnitten oder zu der Limbo-Version eines Freizeitparks, welches optisch auch in einem Silent Hill hätte auftauchen können. Die gewisse Vielfältigkeit gibt auch optisch durchaus was her, was besonders dann der Fall ist, wenn Ninja Theory ihrer Kreativität freien Lauf lassen. Auch das Leveldesign an sich kann im spielerischen Sinne überzeugen. In aller Regelmäßigkeit werden neue Gegnertypen vorgestellt, die bekannte Taktiken über den Haufen werfen und den Spieler zum Ausprobieren zwingen. Selbiges gilt für die Zusammenstellungen aus mehreren Gegnertypen, für die der Spieler seine gelernten Taktiken kombinieren muss. Auch die Handvoll Bosskämpfe müssen so erstritten werden, wobei es kein Problem sein sollte, die Kampftaktik dort herauszufinden. Unterbrochen werden die Kämpfe nur von Abschnitten, in denen Dante über Hindernisse springen und leichte Rätsel lösen muss, die man gut und gerne eher als seichte Ablenkung verstehen kann. Die Steuerung von Dante beim Herumspringen kann dabei aber etwas schwammig sein, sodass einige unnötige Abstürze vorprogrammiert sind. Zumindest geben diese Abschnitte die Möglichkeit nach versteckten Geheimnissen Ausschau zu halten, von denen es einige zu entdecken gibt. Ständige Motivation bietet dabei auch die weißen und roten Schädel, die Dante durch Kämpfe und durch den Missionsabschluss bekommt. Diese lassen sich in Heilgegenstände, Lebens-Upgrades oder neue Angriffe und Fähigkeiten investieren, um so seine Kampftaktik erweitern zu können.Der Soundtrack gibt dabei eine Mischung aus lautem Rock und Metalklängen her, kann aber ebenfalls modernere Musikeinflüsse wie Dubstep aufweisen, wobei letzterer auch nur in solchen Abschnitten vorkommen, die optisch mit der elektronischen Tonschieberei einhergehen. Insgesamt fügt es sich wirklich gut ins Geschehen ein, selbst wenn man kein Fan der eigentlichen Musikrichtung ist. Furchtbar und gänzlich zu missachten ist dafür die deutsche Tonspur, die nicht nur weitaus weniger authentischer wirkt, sondern auch nicht den gleichen Wortwitz aus der Originalsprachausgabe einfangen kann. Grundsätzlich gilt hier also, insofern möglich, die englische Sprachausgabe anzuwählen. Diese ist zwar ebenfalls nicht spektakulär, geht aber gut mit den vorbildlich animierten Gesichtern der Figuren einher, was besonders in den Zwischensequenzen zur Geltung kommt. Insgesamt wirken Dante, Vergil und Co. damit sehr lebhaft, was sich in den emotionaleren Momenten der Handlung durchaus auszahlt, die sich für die Beziehung und Entwicklung der Charaktere zumindest genügend Zeit nimmt, um sie bis zum Ende interessant zu gestalten. Die Grafik an sich ist ziemlich ordentlich geworden und bietet das, was man von guten Multiplatformtiteln auf der PS3 und Xbox 360 gewohnt ist. Einzig und allein die Schattenwürfe stehen der vollen Grafikqualität leider etwas nach, da diese stellenweise sehr grob wirken. Wie bei der Unreal-Engine typisch kann es auch dazu kommen, dass diverse Texturen nicht schnell genug nachladen. Bringt man noch die manchmal einbrechende Framerate hinzu, so ergeben sich einige kleinere technische Mängel, die störend, aber nicht gravierend genug sind, um dem Erlebnis ein Bein zu stellen.