Snake Pass ist nun bereits drei Monate alt und ist damit in unser schnelllebigen Zeit beinahe schon ein altes Spiel. Trotzdem ist es interessant genug, um es heute nochmal kurz zu besprechen. Schließlich schlängelt sich uns das Spiel nicht davon. Aufgrund der kommenden Summersales, in die Snake Pass es bestimmt auf irgendeine Weise schaffen wird, ist es für einige vielleicht sogar heute interessanter als zum Launch im März.
Snake Pass ist ein recht minimalistisches Spiel, in dem der Spieler eine Schlange durch hübsch gestaltete Parcours voller Hindernisse steuert. Das Leveldesign orientiert sich stark an dem der alten Rare-Klassiker im 3D-Platformer-Genre und sogar die unzähligen optionalen Sammelgegenstände sind mit an Bord. Der einzige, aber dennoch gravierende Unterschied besteht darin, dass der Spieler eine Schlange steuert und seine Bewegungsfreiheit dadurch stark eingeschränkt ist. Snake Pass ist also ein 3D-Jump and Run, in dem man weder springen, noch rennen kann. Kann das gut gehen?
Der Rare-Stempel
Der Protagonist des Spiels, eine Schlange mit dem simplen Namen „Noodle“ schlängelt sich im Spielverlauf durch allerlei Wiesen und Tunnel, erklimmt Klippen sowie Hindernisse und darf sich bisweilen sogar auf einen Tauchgang ins kühle Nass begeben. Die meiste Zeit jedoch verbringt Noodle damit, Katzenbaum-artige Gebilde aus Holzrohren zu erklimmen, die ihm das Spiel in allen erdenklichen Variationen präsentiert. Mal geht es darum, mittels eines Astes über einen Abgrund zu schlängeln und als nächstes besteht die Herausforderung daraus, sich in die Flügel einer Windmühle zu kringeln, um sich von deren Rotation auf eine höhere Ebene tragen zu lassen. Zumindest in Bezug auf diese Kletterherausforderungen ist Snake Pass äußerst vielseitig. Leider ist dieser Aspekt des Spiels der einzige, in dem es ein solches Maß an Kreativität aufweist.
Sämtliche Level laufen mehr oder weniger nach demselben Schema ab: Der Spieler durchquert ein non-lineares Level mittlerer Größe und sucht drei bunte Edelsteine, die es ihm ermöglichen, ein Warptor zu öffnen, durch das er ins nächste Level gelangt. Die hauptsächlichere Herausforderung besteht darin, diese zuvor erwähnten Gebilde aus Rohren zu erklimmen. Zwar bringt jede der insgesamt fünf Welten ihren eigenen kleinen Gameplay-Twist mit sich, allerdings beschränkt dieser sich zumeist auf ein oder zwei zusätzliche Hindernisse, die dem Spieler in den Weg gelegt werden.
Immerhin wird das Erklimmen der rohrartigen Gebilde nie zu leicht. Die Herausforderung beim Klettern in Snake Pass besteht vor allem darin, die Steuerung zu meistern – und das ist Fluch und Segen zugleich. Man kann sich die Steuerung so vorstellen, dass der Spieler in erster Linie Noodles Kopf steuert, welcher dann den restlichen Körper der Schlange hinter sich herzieht. Man muss also jede kleinste Bewegung beim Klettern selbst ausführen und Noodles Kopf in spiralförmigen Bewegungen um die Rohre manövrieren.
Die etwas unkonventionelle Steuerung funktioniert nach kurzer Eingewöhnungszeit ziemlich gut, aber es kommt nur selten das Gefühl auf, hundertprozentige Kontrolle über Noodle zu haben. Das liegt in erster Linie am schnellen Anstieg der Schwierigkeit der gebotenen Herausforderungen. Bereits in der zweiten Welt gibt es Hindernisse, die nicht mal ebenso auf den ersten Anlauf zu bewältigen sind. Je nach Lernfähigkeit des Spielers kann es hier also schon zu einigen großen Frustmomenten kommen. Verschlimmert wird das Ganze durch eine suboptimale Kameraführung, welche, zugegebenermaßen, unter den gegebenen Voraussetzungen nur schwer besser umzusetzen gewesen wäre. Schließlich benötigt der Spieler meist beide Hände, während er Noodle über einen tödlichen Abgrund manövriert und kann die Kamera dementsprechend nicht selbst mit dem rechten Stick nachjustieren. Selbst eine bessere automatische Kameraführung wäre nur schwer implementierbar gewesen, da die Gebilde, durch die Noodle sich schlängelt mitunter einfach zu komplex sind, um jederzeit einen optimalen Kamerawinkel zu ermöglichen. Zuletzt hängt der in einer bestimmten Situation benötigte Kamerawinkel außerdem stark davon ab, für welchen Weg durch das Gebilde der Spieler sich entscheidet.
Es ist also nicht immer ganz leicht, beim Klettern die volle Kontrolle zu behalten. Dazu kommt erschwerend, dass Snake Pass jegliche Fehler knallhart bestraft. Sobald Noodles Kopf einmal versehentlich auf die falsche Seite eines Astes manövriert wurde, ist der sichere Absturz häufig schon unabwendbar. Gepaart mit einem äußerst strengen Checkpoint-System, ist Frust hier also vorprogrammiert.
Die Checkpoints sind vor allem in den Leveln im mittleren Spielverlauf äußerst spärlich verteilt. Sollte Noodle mal das Zeitliche segnen (und das wird sehr oft passieren), darf er sich also stets erstmal einige Zeit zu dem Punkt zurückschlängeln, an dem er den tödlichen Fehler begangen hat. Aufgrund Noodles langsamer Bewegungsgeschwindigkeit kann dies, je nach Fortschritt, gut und gerne mal mehr als eine Minute stumpfes Durchschlängeln repetitiver Spielabschnitte bedeuten. Der Realitätsanspruch von Snake Pass ist übrigens groß genug, dass es Noodle unmöglich ist, sich in einer geraden Linie zu bewegen. Man muss als Spieler also immer in Zick-Zack-Bewegungen durch die Welt streifen, um auf einem horizontalen Weg von A nach B zu gelangen. Grundsätzlich ist dieser Kniff ja ein charmantes Detail, aber nach dem zehnten Tod über demselben Abgrund wird dieses behäbige Schlängeln nerviger, als es auf den ersten Blick erscheint.
Doch selbst dieses langsame Zurückkehren vom letzten Checkpoint wäre noch verschmerzbar, wenn zumindest der Level in dem Zustand verbleiben würde, in dem er sich zum Zeitpunkt des Bildschirmtodes befunden hat. Aber nein, stattdessen werden bei Noodles Ableben sämtliche gesammelten Collectibles, aktivierten Schalter und ähnliche Mechanismen ebenfalls zurückgesetzt.
Es ist klar ersichtlich, was die Intention der Entwickler war, als sie sich dieses Checkpoint-System ausgedacht haben: Würden die gesammelten Collectibles nicht zurückgesetzt werden, könnte sich der Spieler rücksichtslos wie eine Kamikazeschlange auf sämtliche Collectibles stürzen, die über Abgründen schweben, ohne sich darüber sorgen zu müssen, unversehrt aus besagtem Abgrund zurückzukehren. Der Preis, für den sie sich diese Fairness erkauft haben, ist, gepaart mit den anderen frustverursachenden Elementen, die Snake Pass mit sich bringt, aber schlicht zu hoch.
Die Collectibles an sich sind nämlich häufig nicht gerade leicht zu erlangen. Besonders in den späteren Leveln sollte der Spieler ein wahrer Schlangenflüsterer sein, um die letzten versteckten Münzen zu erlangen. Da tut es dann wirklich weh, den hart erkämpften Schatz wieder zu verlieren, nur weil die suboptimale Kameraführung oder ein ähnliches Ärgernis auf dem Weg zum nächsten Checkpoint für einen frustrierenden Tod sorgt.
Der Ein oder Andere mag sich nun fragen: Wofür sind die Collectibles eigentlich gut? Weshalb sollte ich die Mühen auf mich nehmen, sie zu sammeln?
Die Antwort lautet: Es gibt kaum einen Grund. Sollte der Spieler nicht gerade die 100% vervollständigen, sind die Collectibles komplett wertlos. Bei 100% winken zusätzliche Skins für den Protagonisten, aber auf dem Weg von 1% bis 99% gibt es keinerlei Belohnungen. Es bleibt auch fraglich, wie sinnvoll die zusätzlichen Skins noch sind, wenn das Spiel ohnehin schon zu 100% komplettiert wurde. Nintendo Switch-Nutzer sind an dieser Stelle besonders stark benachteiligt, da diese sich nicht einmal über Achievements oder Trophies als Gegenleistung für ihre Sammelwut erfreuen können.
Ein wenig zu retro?
Audiovisuell macht Snake Pass auf den ersten Blick eine durchaus gute Figur. Die Unreal Engine 4 zaubert eine farbenfrohe, wunderschön gestaltete und liebevoll animierte Welt auf den Bildschirm. Die minimalistischen, aber verspielten Charakterdesigns erinnern an die goldene Zeit der Videospiel-Maskottchen und der Soundtrack, der von Ex-Rare-Komponist David Wise geschrieben wurde, dürfte die Herzen aller Videospielfans der 90er-Jahre höherschlagen lassen. Zwar fehlen bei Snake Pass’ Soundtrack die ganz großen Ohrwurm-Melodien, aber das Gefühl, das die Musik überträgt, ist trotzdem dasselbe wie bei den Klassikern der Retro-Ära.
Ein wenig zu retro oder gar rückständig ist Snake Pass allerdings in seiner technischen Performance. Auf der Nintendo Switch läuft das Spiel mit zumindest halbwegs stabilen 30fps bei einer Auflösung von unter 720p im Dock-Modus oder einer noch geringeren Auflösung im Handheld-Modus. Durch gutes Anti-Aliasing und den Comic-Look sieht das Gesamtbild immer noch annehmbar aus, aber es ist trotzdem weit entfernt von einem Augenschmaus.
Fairerweise sollte man allerdings anmerken, dass das Problem nicht unbedingt bei der Hardware der Nintendo Switch liegt. Selbst auf der PS4 läuft das Spiel nur mit 30fps bei unter 900p - äußerst ungewöhnliche Werte für ein Spiel dieser Art.